Das Projekt „Zukunft des Ehrenamtes sichern“

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Das Projekt „Zukunft des Ehrenamtes sichern“

Freiwilliges Engagement ist ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft und der Schlüssel für funktionierende Vereinsarbeit.

Rund 40 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren üben mindestens eine freiwillige Tätigkeit aus (Freiwilligen Survey 2019). Auch wenn die Anteile freiwillig engagierter Menschen in den vergangenen 20 Jahren zugenommen haben und die Anzahl der Vereine bundesweit steigt, steht das Ehrenamt in der organisierten Zivilgesellschaft vor erheblichen Herausforderungen: So wächst das freiwillige Engagement vor allem bei informellem Engagement, die Bereitschaft, sich an einen Verein zu binden, sinkt jedoch. Und was besonders fehlt: Interessenten für eine Leitungsfunktion.

Die Lage bei SGV und WHB

Diese Entwicklungen zeigen sich auch deutlich in den Vorständen der Abteilungen des SGV und in den im Westfälischen Heimatbund e.V. (WHB) zusammengeschlossenen Vereinen. Es wird immer schwieriger, Vorstandsämter zu besetzen. Erste Abteilungen mussten sich wegen fehlender Nachfolge für Leitungspositionen auflösen. Die Frage „Wie können wir das Ehrenamt zukunftsfähig machen und damit Existenz und Nutzen der Vereine für Mitglieder und Gesellschaft sichern?“ ist präsenter denn je. Um darauf eine Antwort zu finden, hat der SGV gemeinsam mit dem WHB Anfang 2022 das Projekt „Zukunft des Ehrenamtes sichern“ ins Leben gerufen. Das Besondere an dem Projekt: Es geht nicht darum, nur Probleme zu benennen und Lösungsansätze zu finden, die theoretisch toll klingen, aber in der Praxis kaum umsetzbar sind. Stattdessen werden die im Projekt entwickelten Strategien und Maßnahmen auch in ausgewählten Abteilungen des SGV und im WHB organisierten Ortsvereinen erprobt, weiterentwickelt und die Erfahrungen und Tipps am Ende allen zugänglich gemacht. Die praxiserprobten Lösungen sollen so helfen, die Zukunft des Ehrenamtes zu sichern.

Das Projekt „Zukunft des Ehrenamtes sichern“ hat fünf Phasen und ist auf insgesamt drei Jahre angelegt.

Projektergebnisse: zentrale Bedarfe und Handlungsfelder

Um passende Lösungen und zielführende Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, müssen zunächst die Fakten ermittelt werden. Deshalb startete das Projekt mit einer Strukturuntersuchung (Phase 1). Warum engagieren sich Vorstandsmitglieder ehrenamtlich? Was hält Mitglieder davon ab, Leitungspositionen zu übernehmen? Was funktioniert in den Vorständen bereits gut, wo gibt es Verbesserungs- und Unterstützungsbedarf? Am besten können diese Fragen die Mitglieder und diejenigen beantworten, die bereits auf Vorstandsebene aktiv sind. Deshalb wurden Anfang des Jahres sowohl Vorstandsmitglieder als auch Mitglieder der Vereine und Abteilungen befragt. An dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an alle, die sich an den Befragungen beteiligt und so das Projekt unterstützt haben! Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Mehr als 730 Vorstandsmitglieder von Abteilungen des SGV und Ortsvereinen des WHB  und rund 700 Mitglieder  haben ihre Sicht auf das Thema Zukunft Ehrenamt geschildert und Fragen dazu beantwortet.

Geringes Interesse an Vorstandstätigkeit

Die Befragungsergebnisse bekräftigen, wie wichtig das Thema Zukunft des Ehrenamtes ist: Rund die Hälfte der SGV Abteilungsvorstände und ein Drittel der befragten Vorstandsmitglieder der im WHB organisierten Heimat-, Kultur- und Geschichtsvereine gibt an, dass die Mitgliederzahlen in den vergangenen fünf Jahren gesunken sind. Nur 20 Prozent geben an, dass sie bei ihnen in diesem Zeitraum gestiegen sind. Der Blick auf die kommenden fünf Jahre ist noch besorgniserregender: Fast jedes zweite Vorstandsmitglied erwartet künftig sinkende Mitgliederzahlen und nur rund jeder Zehnte eine positive Entwicklung in Form steigender Mitgliederzahlen. Gleichzeitig signalisieren diejenigen, die bereits Mitglied sind, wenig Interesse an künftigem Engagement auf Vorstandsebene. Nur rund 15 Prozent von ihnen wollen sich „sehr wahrscheinlich“ oder „eher wahrscheinlich“ in Zukunft engagieren, mehr als jeder zweite Befragte hingegen will sich „eher nicht“ oder „nicht“ engagieren.

Mitgliederbefragung

„Wollen Sie sich künftig (wieder) auf Vorstandsebene beim SGV/bei Ihrem WHB-Mitgliedsverein engagieren?" (SGV n = 535, WHB n = 170)

Interesse an zukünftigem Engagement auf Vorstandsebene

Vorstandsbefragung

„Welche Pläne haben Sie für die weitere Ausübung des Ehrenamts auf Vorstandsebene?" (SGV n = 417, WHB n = 326)

Was die Zukunft angeht: Etwas weniger als die Hälfte der befragten Vorstandsmitglieder (44 %) plant, ihr Ehrenamt weiter auszuüben und hat keine konkreten Pläne, es niederzulegen. Jeder Sechste will jedoch mit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Vorstand aufhören, sobald eine Nachfolge gefunden wurde.

Pläne für die weitere Ausübung des Ehrenamts auf Vorstandsebene

Der größte Motivationsfaktor für die Ausübung des Ehrenamtes ist „die Verbundenheit zum Verein“. An zweiter Stelle steht für die befragten Vorstandsmitglieder die Möglichkeit, „etwas im Vereinsleben bzw. im persönlichen Umfeld zu bewegen“. Etwas zur Vereinsgemeinschaft und zur Gesellschaft beizutragen und dabei aktiv zu gestalten, sind also die zentralen Motive für Vorstandsarbeit. Weitere wichtige Aspekte: „Spaß am ehrenamtlichen Engagement“ und soziale Faktoren wie das „gesellige Zusammensein“. Mitglieder nennen als Gründe für ihre Vereinsmitgliedschaft vor allem Aspekte wie Verbundenheit mit der Heimat bzw. dem Verein, Spaß und Sinnhaftigkeit der Tätigkeiten im Verein.

Vorstände wünschen Unterstützung

Ein Vorstandsamt stellt natürlich auch Anforderungen. Wo wünschen sich Vorstände konkret Unterstützung? Besonders häufig ist der Wunsch nach Unterstützung im Bereich „Bindung und Gewinnung von aktiven Ehrenamtlichen“ und „neuer Mitglieder“, „Organisation der Vorstandsnachfolge“ und „strategische Weiterentwicklung des Vereins“. Weitere Bedarfe gibt es insbesondere bei der „Qualifizierung der aktiven Ehrenamtlichen“ in den Bereichen „Öffentlichkeitsarbeit“ bzw. „Internet und Social Media“ sowie in Bezug auf Rechts- und Versicherungsfragen.

„In welchen Bereichen haben Sie Unterstützungsbedarf im Zusammenhang mit Ihrem aktiven Ehrenamt auf Vorstandsebene?" (n = 417)

Unterstützungsbedarf für die Ausübung des Ehrenamts (SGV, Top 8)

Um ihr Ehrenamt künftig besser ausüben zu können, wünschen sich Vorstände vor allem mehr Engagement der Mitglieder, die Senkung bürokratischer Hürden und mehr finanzielle Mittel für den Verein. Zudem sind ihnen Information und Beratung, Weiterbildung und Qualifizierung wichtig. Und was hält Mitglieder ab, ein Vorstandsamt anzustreben? Laut Befragung sind es am häufigsten ein zu großer Zeitaufwand und die schlechte Vereinbarkeit mit Familie und Freunden. Hinzu kommt: die fehlende Bereitschaft, sich zu etwas zu verpflichten. Auch ist einigen Mitgliedern unklar, was die Vorstandsarbeit eigentlich genau beinhaltet, welche Aufgaben zu übernehmen sind und welche Möglichkeiten es gibt, sich einzubringen.

Mitgliederbefragung

„Was verbinden Sie mit ehrenamtlichem Engagement auf Vorstandsebene?“ (n = 535)

Assoziationen mit ehrenamtlichem Engagement (SGV, Top 8)

Die befragten Mitglieder assoziieren mit ehrenamtlichem Engagement auf Vorstandsebene insbesondere die positiven Aspekte „sich für die Gemeinschaft einsetzen“ und „aktiv mitgestalten“. Da sind sich alle einig. Relativ hohe Zustimmungswerte gibt es aber auch noch für Assoziationen wie „etwas Neues lernen“ und „Spaß“. Andererseits verbinden viele Mitglieder die Vorstandsarbeit aber auch mit „viel Verantwortung“, „viel Arbeit“ und einem „hohen Zeitbedarf“. „Freunde bzw. bekanntes Umfeld treffen“ spielt ebenfalls noch eine wichtige Rolle.

Vier Kernziele für die Zukunft

Auf Basis dieser Erkenntnisse hat die Lenkungsgruppe zusammen mit ausgewählten Mitgliedern und Vorständen im Ziel-Workshop vier Kernziele diskutiert, die Grundlage für alle weiteren Überlegungen sind:

- aktive Mitglieder halten und motivieren (gewinnen)

- Vorstandsmitglieder halten und unterstützen

- neue Vorstandsmitglieder gewinnen

- Ansehen Vorstandsarbeit steigern

Das Ziel „neue Mitglieder gewinnen“ wird in diesem Projekt bewusst ausgeklammert, da die bereits aktiven Mitglieder und Vorstandsmitglieder im Fokus stehen und neue Vorstände aus dem Kreis der Mitglieder kommen – nur selten gehen neue Mitglieder direkt in die Vorstandsarbeit. Neue Mitglieder anzusprechen und für die Vereine zu gewinnen, ist natürlich eine sehr wichtige Aufgabe, erfordert aber andere Ansätze und würde den Projektrahmen sprengen. Zudem gilt: Funktioniert ein Verein, ist die Stimmung positiv, gibt es ein wertschätzendes Miteinander und ist es für Mitglieder attraktiv, auch in den Vorstand zu gehen, dann gelingt es in der Regel auch deutlich leichter, neue Mitglieder zu gewinnen.

Mit diesen Zielen vor Augen sind SGV und WHB in Projektphase 3 gestartet: Entwicklung konkreter Handlungsansätze. Und wer könnte das praxisorientierter machen, als die Ehrenamtlichen selbst? Deshalb haben die Teilnehmenden der drei Regionalworkshops nach einem Impulsvortrag der Beratungsagentur ift GmbH konkrete Handlungsansätze und Maßnahmen entwickelt. Ein sehr fruchtbarer und lösungsorientierter Austausch, der zeigt, dass es Lösungen für die Herausforderungen des Ehrenamtes gibt!

Ergebnisdiskussion in den Regionalworkshops

Empfehlungen: Strategien und Maßnahmen für die Praxis

Die Analyse und die Diskussion der Ziele und Strategien machen deutlich: Umfassende Kommunikation, gegenseitige Wertschätzung und professionelle Organisation der Aufgaben sind die Basis. Um die vier Kernziele zu erreichen, helfen insbesondere die folgenden praxisorientierten Strategien und Maßnahmen.

Ziel 1: Mitglieder halten

Um bestehende Mitglieder zu halten, ist es wichtig, ihnen Raum für eine thematisch fokussierte und persönliche Entfaltung zu bieten, Wertschätzung im Verein zu fördern und ein positives Vereinsklima zu leben. Das beginnt mit der offenen Willkommenskultur im Verein bzw. in der Abteilung, wenn neue Mitglieder auf Versammlungen vorgestellt werden, sie eine Begrüßungsmappe überreicht oder digital zugesendet bekommen und sie sich über Gratulationen zu wichtigen Ereignissen freuen dürfen. Für einen permanenten Austausch zwischen Mitgliedern und Vorstand und mehr Mitbestimmung helfen regelmäßig stattfindende Formate wie Monatstreffen und kleine Gesprächsrunden. Hilfreich ist es, wenn der Vorstand die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten der Mitglieder systematisch erfragt und dokumentiert. So signalisieren Vorstandsmitglieder Interesse und Wertschätzung, fördern Selbstwirksamkeit der Mitglieder und zeigen ihnen persönliche Perspektiven auf. Wenn Vorstände mehr über die Mitglieder wissen, beispielsweise kurze „Steckbriefe“ von ihnen zu Interessen, besonderen Fähigkeiten und zur zeitlichen Verfügbarkeit haben oder diese Informationen in Form einer digitalen „Ehrenamts-Börse“ vorliegen, dann können sie Mitglieder viel besser und mit deutlich höheren Erfolgsaussichten konkret ansprechen – sei es für zeitlich befristete Aktionen und Projekte oder für eine kontinuierliche Tätigkeit im Ehrenamt. Gleichzeitig können Aufgaben besser verteilt und Vorstandsmitglieder in ihrer Arbeit entlastet werden. Eine echte Win-Win-Situation!

Ziel 2: Vorstandsmitglieder halten und unterstützen

Vorstandsmitglieder können sich entlasten, wenn die Inhalte und der Umfang ihrer Aufgaben transparent, eingegrenzt und fair aufgeteilt sind. Tätigkeitsbeschreibungen, ähnlich wie Stellenausschreibungen, sind dafür ein nützliches Werkzeug. Auch die maximale Amtszeit zu begrenzen kann helfen. Zudem benötigen Ehrenamtliche mehr Weiter-
bildungen und Beratungen, die ihnen das Wissen an die Hand geben, das sie für eine gute und selbstbewusste Ausübung ihres Amtes benötigen. Diese Angebote sollten niedrigschwellig gestaltet und je nach Format und Inhalt persönlich oder digital verfügbar sein. Konkrete Maßnahmen sind digitale oder Präsenz-Infoveranstaltungen oder Handouts sowohl zu administrativen und organisatorischen Themen wie Rechts- und Haftungsfragen als auch zu sozialen Aspekten wie Konfliktbewältigung im Vorstand.

Ziel 3: neue Vorstandsmitglieder gewinnen

Für eine erfolgreiche Gewinnung neuer Vorstandsmitglieder müssen Vorstände außerdem das Thema ihrer Nachfolge frühzeitig und systematisch angehen, am besten mit einem Wunschprofil mit den für das Amt benötigten Kenntnissen und Fähigkeiten. Auch die zuvor erwähnten Mitglieder-Steckbriefe können dafür genutzt werden. Sind passende Kandidatinnen und Kandidaten gefunden, ist der persönliche Kontakt ausschlaggebend und dass auf sie kein Druck ausgeübt wird. Außerdem sollten Vorstände ihnen signalisieren, dass sie nicht alleine vor den Aufgaben stehen, die das Vorstandsamt mit sich bringt. Sie müssen deutlich machen, dass die Einsteiger ans Ehrenamt herangeführt werden, Zeit zum Hineinwachsen haben und gerade in der Anfangsphase gezielt unterstützt werden.

Insbesondere der in den Befragungen geäußerte Wunsch nach mehr Informationen und Beratung kann so erfüllt und der Angst vor Verantwortung und Verpflichtung begegnet werden. Zu konkreten Maßnahmen gehören eine Art „Schnupperzeit“ und die Möglichkeit für interessierte Mitglieder an ausgewählten Vorstandssitzungen teilzunehmen. Was noch hilft: ein „Buddy“, also ein konkreter Ansprechpartner für die ersten Monate, und ein „Werkzeugkasten Ehrenamt“ mit den für die Amtsausübung benötigten Informationen, Kontakten und Hinweisen.

Ziel 4: Ansehen Vorstandsarbeit steigern

Hohes Ansehen der Vorstandsmitglieder ist ein Querschnittsziel, weil es sowohl direkten Einfluss auf das Halten und Gewinnen der Vorstände, aber auch auf das Ansehen des Vereins insgesamt hat – und damit auf die Attraktivität für (neue) Mitglieder. Schließlich will man sich für einen Verein engagieren, der von einem gut funktionierenden, fairen und transparenten Vorstand geleitet und repräsentiert wird. Das Ansehen steigt, wenn der Vorstand die positiven Aspekte des Ehrenamtes wie Erfolge, Gemeinschaft, Möglichkeiten der persönlichen Weiterentwicklung und Verwirklichung herausstellt, aber auch die als herausfordernd angesehenen Aspekte des Ehrenamtes (hoher Zeitbedarf und Aufwand, viel Verantwortung und Verpflichtung) erläutert. Vorstände müssen sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein und in der Kommunikation nach außen und innen gewinnend auftreten. Und sie müssen sichtbar sein, beispielsweise auf Veranstaltungen, oder in Form von Kurzportraits auf der Vereinswebseite. Die vom Vorstandsteam erzielten Erfolge gemeinsam im Verein zu feiern stärkt zusätzlich das Gemeinschaftsgefühl, zeigt Anerkennung und setzt bei der Kommunikation nach außen ein wichtiges Zeichen. Denn: Verein und Gemeinschaft sollen schließlich auch bzw. vor allem Spaß machen!

Ausblick: nächste Projektschritte

Wie geht es ab Anfang 2023 weiter?

Diese und viele weitere Strategien und Maßnahmen sollen nun in Projektphase 4 (Praxisphase) in ausgewählten SGV Abteilungen und im WHB organisierten Ortsvereinen angewendet, getestet und weiterentwickelt werden. SGV Projektmanagerin Sarah Kissler hat bereits begonnen, Abteilungen und Ortsvereine persönlich zu besuchen und
die spezifischen Herausforderungen vor Ort zu ermitteln. In dieser Praxisphase wird sie dann ausgewählte Abteilungen und Ortsvereine über einen Zeitraum von 18 Monaten coachen. Auf die Ergebnisse dieser wichtigen Phase darf man gespannt sein. Denn von ihnen hängt ein Stück weit die Zukunft des Ehrenamtes ab. Im SGV, bei den Vereinen des WHB und bei den vielen Projektpartnern, die vor denselben Herausforderungen stehen.

Projektleiterin Sarah Kissler im Interview

Sarah Kissler ist in ihrer freien Zeit gerne in der Natur – wie hier am SGV Jugendhof in Arnsberg. Foto: © SGV

Wie bist du eigentlich zum SGV gekommen?

Äh, das ist eine gute Frage… Ich hatte mich irgendwann entschieden, nicht weiter in der Wissenschaft bleiben zu wollen, nachdem ich im Anschluss an mein Studium drei Jahre lang als Koordinatorin in einem Forschungsprojekt tätig war. Über die Ausschreibung der Projektstelle bin ich auf den SGV gestoßen, aber um ehrlich zu sein, war mir der SGV da noch nicht wirklich ein Begriff. Mich hat die Aufgabenbeschreibung angesprochen und insgesamt hat das einfach gut gepasst, auch weil ich sehr gerne wandere. Hinzu kommt, dass ich selbst schon viele Jahre ehrenamtlich aktiv war. Ich habe mich dann etwas intensiver mit dem SGV beschäftigt und war überrascht, wie groß der Verein eigentlich ist.

Du sagst, du wanderst gern. Wo bist du so unterwegs?

Hm, mal sehen. In der näheren Umgebung war ich in der Elfringhauser Schweiz und auf dem Briloner Kammweg unterwegs und auch um Winterberg herum. Dazwischen habe ich kürzere Wanderungen zwischen Witten und Wetter gemacht und wandere ab und zu natürlich um meinen Wohnort Bochum. Ich war auch schon auf dem Mosel- und Ahrsteig, am zahmen Kaiser in den Alpen oder im letzten Sommer mit Zelt auf dem Peaks of the Balkans Trail. Das war mein Highlight.

Foto: © privat

Bleibt dir neben deinem Vollzeitjob überhaupt Zeit zum Wandern?

Naja, also wie das eben so ist. So richtig raus komme ich eher, wenn ich Urlaub habe. Im Alltag klappt es dann eben nicht so oft. Da ich aber durch meine Arbeit beim SGV mehr in ländlichen Gefilden unterwegs bin, lässt sich das manchmal kombinieren und ich hänge einen Tag oder ein paar Stunden an eine Dienstreise dran und gehe noch eine Runde. Ansonsten bin ich eher nach Feierabend in der Halle Bouldern (Anm. d. Red. Klettern ohne Sicherung auf Absprunghöhe) oder an freien Tagen draußen am Fels.

Gibt es schon Pläne für die nächsten Touren?

Ich möchte auf jeden Fall bald per Trekkingtour die Naturzeltplätze testen, die man deutschlandweit buchen kann, um legal zu zelten. Da gibt’s ja auch ein paar im SGV Vereinsgebiet. Ein paar Klassiker der Fernwanderwege z.B. in Schottland oder Skandinavien, stehen für den nächsten Urlaub zur Wahl. Außerdem habe ich mich für den großen DWV-Wanderführerlehrgang bei der SGV Wanderakademie NRW angemeldet und mal sehen, was weiter daraus wird.

Du sagtest vorhin, du warst selbst ehrenamtlich aktiv. Wo genau?

Früher war ich vor allem als Schülersprecherin aktiv, zwischendurch auch auf Landesebene. Ich habe das Schulsystem in Bayern, wo ich aufgewachsen bin, immer als recht beengend empfunden, da ich nicht aus der klassischen Bildungsschicht kam und mich erstmal durcharbeiten musste. Daher wollte ich dazu beitragen, etwas daran zu verändern. Später im Studium habe ich mich vor allem in den Gremien an der Uni als Teil des Fachschaftsrates engagiert. Und zuletzt als Lernpatin an einer Grundschule.

Sarah Kissler bei der Arbeit Foto: © SGV

Du bist seit August – also noch ganz frisch – beim SGV. Kannst du uns verraten, was dir an deiner Arbeit besonders gefällt?

Zum einen, dass mir schon jetzt Vertrauen entgegengebracht wird, ich viel Freiraum habe und im Projekt aktiv werden darf. Vor allem aber auch, dass ich mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt komme. Ich hatte am Anfang etwas Sorge, dass ich nicht gut angenommen werde, aber bisher habe ich da nur positive Erfahrungen gemacht. Es ist einfach schön, vor Ort zu erleben, wie die Leute zusammenarbeiten und wie stark der soziale Zusammenhalt mitunter ist. Ich kam von außen dazu, wurde mit offenen Armen begrüßt und durfte mitreden. Deswegen freue ich mich besonders auf den Praxisteil des Projekts, auch wenn es sicherlich auch mal haarig werden wird.

„Liebe ehrenamtlich Aktiven im SGV und WHB, eure Teilnahme an der Vorstandsbefragung war mit rund fünfzig Prozent genauso beeindruckend, wie euer großes Engagement und die hohe Professionalität im Rahmen der Workshop-Diskussionen. Auf diesen Ergebnissen lassen sich die nächsten Projektschritte optimal aufbauen. In den letzten Monaten konnte man eindrucksvoll sehen, was Ehrenamt bewegen kann. Neben den beiden Projektpartnern SGV und WHB haben sich weitere Kooperationspartner u.a. aus den Bereichen Sport, Jugendarbeit, Brauchtumspflege aktiv an der Ausgestaltung des Projektes beteiligt, so dass wir nun breit über aller Vereins- und Gesellschaftsschichten aufgestellt sind. Viele Projekte hören an dieser Stelle auf. Bei uns geht es jetzt mit der Praxisphase so richtig los! Mit dem Projekt leisten SGV und WHB einen wichtigen Beitrag zur Vereinsentwicklung in ganz NRW, weshalb wir uns auch für die großartige Unterstützung der NRW-Stiftung bedanken.“

„Studien belegen: Menschen möchten sich freiwillig engagieren. Zugleich nimmt jedoch die Bereitschaft ab, sich langfristig in etablierten Strukturen wie etwa einem Verein zu binden und Verantwortung in Vorstandsfunktionen zu übernehmen. Der Trend geht hin zu befristeten und projektbezogenen Tätigkeiten. Wie können vor diesem Hintergrund vorhandene Potentiale aktiviert und Menschen bei ihren Bedarfen abgeholt werden? Gemeinsam mit dem SGV möchten wir als Dachverband für rund 600 Heimat-, Bürger- und Kulturvereine in Westfalen mit dem Pilotprojekt zur Zukunft des Ehrenamtes verbandsübergreifend Lösungen für eine krisensichere Ehrenamtsarbeit entwickeln. Auf der Grundlage der in der ersten Projektphase durchgeführten Befragungen und insbesondere der sehr konstruktiven Ziel- und Regionalworkshops erarbeiten wir momentan konkrete Handlungsempfehlungen rund um Themen wie Zielgruppenansprache, Kommunikation und Wissenstransfer, Qualifizierung sowie Wertschätzung, die wir im zweiten Teil des Projektes gemeinsam mit ausgewählten Vereinen und Abteilungen erproben möchten. Daraus abgeleitet sollen eine Handreichung und quasi ein Baukasten-System für eine erfolgreiche Vorstandsarbeit entstehen, die wir unseren Mitgliedern, aber auch anderen Verbänden mit an die Hand geben können.“

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